Muskelfasern:
wie viele arbeiten?

Bleiben wir bei unserem Beispiel Biceps. Nehmen wir an er hätte 100 Fasern. Vereinfacht dargestellt gilt folgendes: Eine Faser wird von einer elektrischen Leitung (einem Nerven) versorgt. Bringt die Leitung Strom, kontrahiert die Faser. Bringt die Leitung keinen Strom, passiert nichts. Die Faser kennt nur dieses „Alles oder Nichts“. Licht an oder aus. Etwas graues dazwischen gibt es nicht.
Jetzt vernachlässigen wir das Eigengewicht des Unterarmes und nehmen an, für das Anheben eines Kugelschreibers reicht exakt die Kraft einer Faser aus, um den Kuli ein einziges mal anzuheben. Wir heben den Kuli an. Nur diese eine Faser arbeitet, die anderen werden ja nicht gebraucht. Sie bleiben inaktiv und werden mitgeschleppt. Nach einmal anheben ist diese Faser erschöpft. Wir heben den Kuli ein zweites Mal an. Die erschöpfte Faser wird nicht mehr eingeschaltet (rekrutiert). Das Nervensystem aktiviert eine frische Faser. Diese hebt jetzt den Kuli an. Wir können den Kuli also 100-mal anheben, bis jede Faser einmal gearbeitet hat. Jetzt wollen wir den Kuli ein weiteres Mal anheben. Das Nervensystem aktiviert jetzt die aller erste Faser. Inzwischen ist so viel Zeit vergangen, dass sich diese Faser erholen konnte.

Es kontrahieren immer nur so viele Fasern, wie gebraucht werden.

Nehmen wir an, zum Anheben von 5 kg sind 50% aller Fasern nötig. Nehmen wir weiter an, wir können dieses Gewicht 12 mal anheben, bis der Muskel so schwach geworden ist, dass er die 5 kg nicht ein 13. mal anheben kann. Etwa ab dem 8. mal Anheben spüren wir ein Zittern und Zucken im Muskel. Dies liegt daran, dass viele Fasern schon erschöpft sind und das Nervensystem versucht, frische Fasern zu finden. Es schaltet also andere Fasern ein, die aber auch schon erschöpft sind.

Erschöpfte Fasern werden abgeschaltet. Frische Fasern werden eingeschaltet.

Deswegen werden diese sofort wieder abgeschaltet und neue Fasern werden gesucht. Die erfolglose Suche nach neuen Fasern, das An- und Abschalten von Fasern, verursacht das Zucken im Muskel. Es ist ein Zeichen dafür, dass die komplette Erschöpfung aller Fasern nahe ist.

Die dynamische Maximalkraft:
alle Fasern arbeiten gleichzeitig

Nehmen wir weiter an, zum Anheben von 10 kg sind 100% aller Fasern des Biceps nötig, die sich bei diesem einen Mal anheben komplett erschöpfen. Dann kann der Biceps diese 10 kg nur einmal anheben, kein zweites Mal. Dies wäre erst möglich nach einer gewissen Erholungszeit. Der Biceps könnte aber sofort ein geringeres Gewicht anheben. Das Gewicht, welches maximal einmal angehoben werden kann, kein zweites Mal, definiert die dynamische Maximalkraft, das sog. One-Repetition-Maximum (1RM).