Spezielle Trainings-Reize

Die Form folgt der Funktion

Zur Leistungsverbesserung müssen spezielle Trainingsreize gesetzt werden. Seit Ende des 19. Jahrhunderts ist das Gesetz der funktionellen Anpassung bekannt.
Wolff entdeckte, dass die Form von Muskeln und Knochen, und somit ihre Leistung, eine Folge der Funktion (der Beanspruchung) ist.
Roux erkannte: eine zu niedrige Beanspruchung nutzt nichts (der Körper baut ab), das Überschreiten einer bestimmten Reiz-Schwelle verbessert die Struktur und die Leistung eines Gewebes, und eine zu hohe Beanspruchung schadet, d. h. es treten Verletzungen auf.

Reiz-Schwellen:
zu wenig nutzt nichts - zu viel schadet

Auf der Grundlage dieser Gesetze wurden die Reizschwellen zur Leistungsverbesserung präzise erforscht. Wir wissen heute: Der Herzmuskel benötigt eine bestimmte Pulsfrequenz und eine bestimmte Zeit unter Belastung, um seine Leistung zu verbessern. Dabei muss eine bestimmte Muskelmasse arbeiten, damit das gepumpte Blutvolumen groß genug ist. Außerdem muss das Training mit einer bestimmten Häufigkeit durchgeführt werden.

Herz, Muskeln und Knochen haben eigene ReizSchwellen

Knochen muss über ein bestimmtes Maß hinaus gebogen, gestaucht oder gezogen werden, damit er dicker wird und mehr Kalk einlagert. Lesen Sie dazu bitte im Kapitel Osteporose spezifischer Wachtumsreiz für den Knochen

Maximalkraft und Knochenstärke:
identische Reizschwelle

Der gleiche Trainingsreiz, der den Knochen stärkt, bewirkt auch eine Dickenzunahme von Knorpel und Sehnen. Vereinfacht gilt: alles, was den Muskel kräftigt, kräftigt auch Knochen, Knorpel und Sehnen. Dies ist logisch, denn: Muskel, Knochen, Knorpel und Sehnen bilden eine funktionelle Einheit. Für die Skelettmuskulatur sind die speziellen Trainingsreize unterschiedlich, je nachdem, welches Ziel erreicht werden soll.

Muskulatur - welche Ziele?
Langzeitausdauer oder Maximalkraft?

Die Skelettmuskulatur besitzt nämlich zwei gegensätzliche Leistungsfähigkeiten: die Maximalkraft, benötigt beim Gewichtheben, und die die Langzeitausdauer, benötigt beim Marathonlauf.

"Kraft - Ausdauer"

Der Kompromiss zwischen beiden Extremen ist die "Kraft - Ausdauer". Dies bedeutet: keine maximal mögliche Kraft, keine maximal mögliche Ausdauer, dafür eine gute Mischung von beiden Fähigkeiten. Die Kraft und Ausdauer sind Ziele eines Gesundheitstrainings. Maximale Kraft und Langzeitausdauer sind die Ziele des Leistungssports. Damit wird verständlich, dass die Trainingsziele bestimmen, mit welchen speziellen Trainingsreizen der Muskel "bearbeitet" werden muss.





Maximalkraft

Die Maximalkraft

Wie trainiert ein Gewichtheber? Seine Trainingswiderstände (die Lasten, die er anhebt) sind hoch. Sie liegen im Bereich seiner maximal möglichen Kraft. Deswegen ist auch seine Trainingszeit relativ kurz und seine Erholungszeit relativ lang. Das Ergebnis seines Trainings ist eine hohe Maximalkraft, eine hohe Muskelmasse und kräftige Knochen. Sein Körpergewicht liegt häufig weit über 100 kg. Dafür ist seine Langzeitausdauer relativ gering. Ein Spitzen-Gewichtheber kann unmöglich gleichzeitig ein Spitzen-Marathonläufer sein.





Lanzeitausdauer

Die Langzeit-Ausdauer

Wie trainiert ein Marathonläufer? Seine Trainingswiderstände tendieren gegen Null. Deswegen kann seine Trainingszeit auch viele Stunden betragen. Theoretisch kann er zeitlich unbegrenzt laufen (denken Sie hier auch an den Flug von Zugvögeln). Die erforderliche Erholungszeit ist relativ kurz. Das Ergebnis seines Trainings ist eine hohe Langzeitausdauer, eine hagere Muskelmasse und relativ dünne Knochen. Das Körpergewicht von Spitzen-Marathonläufern liegt meist unterhalb von 60 kg. Dafür ist seine Muskelkraft relativ gering. Ein Spitzen-Marathonläufer kann unmöglich gleichzeitig ein Spitzen-Gewichtheber sein.





Gesundheitstraining
Kompromiss zwischen Kraft und Ausdauer

Gesundheits-Training:

Kraft und Ausdauer als Kompromiss:
Alltagsbelastungen verlangen eine gesunde Mischung von beiden Eigenschaften: Kraft zur Stabilisierung von Wirbelsäule und Gelenken als Schutz vor Überlastungen, Kraft zur Verrichtung von körperlicher Arbeit. Ausdauer, um bei länger anhaltenden Belastungen nicht schnell zu ermüden. Wie Sie bemerken, sprechen wir hier von der Ausdauer der Skelett-Muskulatur, nicht von der Ausdauer des Herzmuskels.
Bezogen auf die Rückenmuskulatur bedeutet dies:
Kraft: welche Lasten kann ich anheben, ohne dass Rückenschmerzen auftreten.
Ausdauer: wie oft bzw. wie lange kann ich Lasten anheben, ohne dass Rückenschmerzen auftreten und wie lange kann ich stehen, sitzen, gehen, ohne dass Rückenschmerzen auftreten.




Nautilus - Training
minimaler Aufwand
maximaler Nutzen

Im Gesundheitstraining hat sich das Nautilus-Trainings-Prinzip als spezieller Trainingsreiz optimal bewährt, und zwar bezüglich

  • der Verbesserung der Kraft (und der Muskelmasse)
  • der Verbesserung der Ausdauer
  • des Zeitaufwandes (etwa 45 Minuten, zweimal pro Woche für ein Ganzkörpertraining)
  • der Trainingssicherheit (Verletzungen sind nur zu erwarten bei groben Trainingsfehlern)

Dieser Trainingsreiz wurde bereits 1970 erstmals beschrieben von Arthur Jones, dem Erfinder der Nautilus- und MedX-Trainingsgeräte. Er wird deswegen das "Nautilus-Trainings-Prinzip" genannt oder "Hochintensives Training" (HIT). Dieses Prinzip wird vom amerikanischen Gesundheitsministerium und Ärzteverbänden empfohlen.



Nautilus-Training
Grundsätze

Das Nautilus-Trainings-Prinzip (HIT)

Die wesentlichen Grundsätze lauten:

  • 1. Das Gewicht wird
    • langsam angehoben (über etwa 4 Sekunden)
    • gehalten bei voller Muskelkontraktion (über etwa 2 Sekunden)
    • langsam abgesenkt (über etwa 4 Sekunden).
    Dies wird eine Wiederholung genannt. Sie dauert etwa 10 Sekunden.
  • 2. Es werden so viele Wiederholungen ausgeführt, bis der Muskel komplett erschöpft ist. Dies bedeutet: das Gewicht kann nicht nochmals angehoben werden, trotz größter Willensanstrengung.
  • 3. Die Schwere des Gewichts (bzw. die Höhe des Trainingswiderstandes, Trainings-Intensität genannt) muss so gewählt werden, dass die Muskelerschöpfung frühestens nach 8, spätestens nach 12 Wiederholungen eintritt. Die Trainingszeit an jedem Gerät liegt zwischen 80 - 120 Sekunden. Die Intensität liegt somit zwischen 60 - 80 % der maximal möglichen Kraft. Sind mehr als 12 Wiederholungen möglich, ist die Intensität (das Gewicht) zu niedrig. Sind weniger als 8 Wiederholungen möglich, ist die Intensität zu hoch
  • 4. Pro Training sollte an maximal 12 verschiedenen Geräten trainiert werden.

Häufigkeit

  • 5. Pro Woche sind 2 bis maximal 3 Trainings nötig für einen optimalen Zuwachs an Kraft und Ausdauer. Ein Training pro Woche erhält den aktuellen Leistungszustand. Eine Leistungsverbesserung ist in Ausnahmefällen möglich.





Verbesserung von Kraft und Ausdauer

Welche Trainings-Erfolge sind möglich?

Wenn ein Untrainierter nach dem Nautilus-Prinzip korrekt trainiert, ist folgendes zu erwarten:

  • der Kraftzuwachs pro Training liegt zwischen 3 - 7 %
  • nach 4 - 5 Wochen mit 2 Trainings pro Woche kann die Maximalkraft um etwa 50 % und die Ausdauer um etwa 100 % zunehmen.

Diese Erfolge sind relativ unabhängig vom Alter und Geschlecht. Wesentlich ist ein korrektes Training. Je schwächer ein Untrainierter ist, desto größer werden die Zuwächse sein. Zum Verständnis des Nautilus-Prinzips und des Gegensatzes zwischen Langzeitausdauer und Maximalkraft lesen Sie bitte das Kapitel Gesetze der Muskelaktivität.