Mechanische Belastungen stimulieren das Knochenwachstum bzw. den Knochenerhalt. Was läge näher als die Vermutung, man könne durch hoch intensives Krafttraining seine Knochenmasse beliebig erhöhen?
Aus verschiedenen Gründen funktioniert das leider nicht. Ganz banal: Bäume wachsen nicht in den Himmel. Muskeln auch nicht. Und somit die Knochenmasse auch nicht. Es gibt individuelle, genetische Grenzen.
Kann man einen Knochenverlust wieder auftrainieren?
"Knochenbank" der Jugend als Reseve
Eine optimal gefüllte „Knochenbank“ würde sich ergeben, wenn ein Jugendlicher z.B. ab dem 15. Lebensjahr seine Muskelkraft und Muskelmasse bis zur genetischen Grenze auftrainiert. Er würde somit über seine genetisch maximale „Peak Bone Mass“ verfügen. Das Kapital auf seiner Knochenbank wäre wahrscheinlich so hoch, dass er auch ohne lebensbegleitendes Krafttraining (Knochenverlust 0,75-3% pro Jahr) nicht auf ein so niedriges Niveau abfällt, dass eine Osteoporose mit Knochenbruch eintritt.
Dieser erstrebenswerte Idealzustand –maximale genetisch mögliche Muskel- und Knochenmasse in der Jugend - kommt aber kaum vor.
Ist Osteoporose umkehrbar durch Krafttraining?
Die praktische Frage stellt sich anders: kann die gegebene Peak-Bone Mass der Jugend, die sich z.B. bis zum 50. Lebensjahr wegen Trainingsmangel abgebaut hat, durch Krafttraining wieder aufgebaut werden, zumindest teilweise?
Konkret: Kann eine bereits eingetretene Osteoporose wieder rückgängig gemacht werden durch Krafttraining?
Diese Frage ist von der Wissenschaft noch nicht eindeutig beantwortet worden. Bevor wir den aktuellen Wissenstand diskutieren, müssen einige Begriffe geklärt werden.
Calcium macht den Knochen stabil
Die totale Knochenmasse (Kompakta und Spongiosa) ist definiert durch ihr Volumen. Bei der allgemein bekannten Knochendichtemessung wird dieses Volumen jedoch nicht gemessen. Gemessen wird das Ausmaß der Kalkeinlagerung in den Knochen. Viel Calcium im Knochen macht den Knochen stabil, bruchfest. Knochen mit wenig Kalk ist bruchgefährdet „zu weich“ für tägliche Belastungen. In der Jugend kann daraus ein Fehlwachstum resultiern.
Rachitis
Zum besseren Verständnis:
Rachitis ist eine Erkrankung der Jugend. Der Kalkmangel im Knochen kommt von Mangelernährung (Calcium in der Nahrung) und von einem Mangel an Vitamin D3, welches die Kalkeinlagerung im Knochen bewirkt. Vitamin D3 entsteht in der Haut durch Sonneneinstrahlung. Rachitis wurde erstmals beschrieben in England an Kindern, die monatelang in Bergwerken arbeiten mussten, ohne zwischendurch die Sonne zu sehen. Rachitis wird deswegen auch die „englische Krankheit“ genannt:
vermindertes Knochenwachstum und verformte Knochen.
Osteomalazie
Beim Erwachsenen heißt die analoge Erkrankung Osteomalazie (Ernährungsmangel, Sonnenmangel, aber auch verschiedene Stoffwechselerkrankungen können sie auslösen). Knochenmasse ist zwar genügend vorhanden, sie ist aber nicht ausreichend calcifiziert.
Nun zurück zu unserer Frage: Kann eine verlorene Knochenmasse durch Krafttraining wieder aufgebaut werden?
Krafttraining im Alter: Kalkeinlagerung steigt (Knochendichte)
Je nach Studie wurde durch ein 12-monatiges Krafttraining eine Zunahme der Knochendichte zwischen 1-6% beobachtet.
Wie erwähnt misst die Knochendichtemessung die Kalkeinlagerung, nicht die Knochenmasse. Es ist bis heute unklar, ob sich im Alter auch die Knochenmasse vergrößern lässt.
Strategie gegen Osteoporose
Deswegen ist die beste Strategie gegen Osteoporose: Aufbau einer maximalen Knochenbank in der Jugend durch intensives Krafttraining. Lebensbegleitendes Krafttraining zur Erhaltung des Knochens.
Falls Sie in der Jugend ihre maximale Knochenbank verpasst haben: frühest mögliche Aufnahme eines intensiven Krafttrainings, um zumindest einen weiteren Knochenabbau zu verhindern.
Ansonsten ist eine gesunde Lebensweise selbstverständlich:
ausgewogene Ernährung, normale Sonnenexposition.
Lesen Sie dazu bitte auch:
Gibt es Erkrankungen, Medikamente oder spezielle Ernährungsgewohnheiten, die Knochenschwund auslösen?
Was sonst kann Knochenschwund auslösen?
Sonne und Calcium für gesunde Knochen.