Wie oft sollte trainiert werden?

Trainings-Ziele

Das Ziel eines gesundheitsorientieren Krafttrainings ist die Entwicklung einer harmonischen, ausbalancierten Muskulatur. Beuge- und Streckmuskeln sollen in einem gesunden Gleichgewicht zueinander stehen. Das Ergebnis ist eine aufrechte Körperhaltung, eine beschwerdefrei stabilisierte Wirbelsäule und stabil geführte Gelenke. Primär ist es wichtig, ungesunde Kraftverhältnisse zwischen Beuge- und Streckmuskeln auszugleichen. Sekundär ist es wichtig, die Kraft der gesamten Muskulatur auf ein möglichst hohes Niveau zu bringen. Mit der Kraft ist es wie mit dem Geld: mehr ist besser. Mit mehr lebt es sich leichter. Betrachten Sie dazu auch die Abb. 2 im Kapitel Die Gesetze der Muskelaktivität.

Prinzip Mini Max

Die ausbalancierte Muskulatur ist eine gesundheitliche Notwendigkeit, denn: dysbalancierte Muskeln sind die Hauptursache für die meisten orthopädischen Beschwerden. Die angestrebte Höhe des Kraftniveaus insgesamt, also auch die gewünschte Muskelmasse, unterliegt individuellen Ansprüchen bezüglich der Leistungsfähigkeit und der Ästhetik des Körpers. Die Strategie eines Krafttrainings gliedert sich deswegen in zwei Abschnitte: die Aufbauphase und die Erhaltungsphase. Wie oft sollten Sie trainieren? Täglich mehrere Stunden? Oder reicht einmal pro Woche? Die Antwort kann man nach einem minimalistischen Prinzip suchen: Was muss ich als Minimum tun, um ein Maximum an Ergebnis zu erreichen? Medizinisch formuliert: wo liegt die optimale Dosis-Wirkungs-Beziehung? Unter Kenntnis der biologischen Gesetze des Muskels kann und soll man Training dosieren wie ein Medikament. Dabei ist es wichtig, die zwei häufigsten Trainingsfehler zu vermeiden: die meisten Menschen trainieren mit zu geringer Intensität, und sie trainieren zu oft. Der dritte Trainingsfehler ist, nicht regelmäßig zu trainieren.

Die Aufbauphase

Voraussetzung für die beschriebene Häufigkeit eines Krafttrainings ist, dass Sie das Nautilus-Trainings-Prinzip korrekt anwenden. Lesen Sie dazu bitte nach in den Kapiteln:

Spezielle Trainingsreize und Muskelaufbau und Erhaltung

Dabei hat die Intensität, d. h. die Höhe des Trainingswiderstandes und das Erreichen der momentanen Muskelerschöpfung, zunächst die höchste Bedeutung. Erst sekundär wird es wichtig, dem Muskel die notwendige Zeit zur Erholung und zur Superkompensation zu geben. Denn wie Sie bereits wissen, wächst der Muskel erst nach Abschluss der Erholungszeit, sh dazu das Kapitel

Kraftzuwachs nach der Erholung

Aus der zeitlichen Abfolge von Erschöpfung, Erholung und Superkompensation ergibt sich zwangsläufig die optimale Häufigkeit eines Krafttrainings. Betrachten Sie dazu bitte die nebenstehende Abbildung. Nach dem Mini-Max-Prinzip ist ein zweimaliges Training pro Woche optimal. Ein dreimaliges Training pro Woche ist möglich, kann aber die Grenze zum Übertraining überschreiten. Das Übertraining wird am Ende dieses Kapitels beschrieben. Bei Einsatz einer korrekten Trainingsintensität und Einhaltung der notwendigen Zeit für Erholung und Superkompensation ist zu erwarten, dass Sie durch jedes Training etwa 5 % stärker werden. Das Ende der Aufbauphase wird, je nach gesundheitlicher Notwendigkeit und individuellem Ziel, nach etwa 18 - 36 Monaten erreicht sein, wenn Sie regelmäßig trainieren. Diesen "anstrengenden Job" müssen Sie nur ein einziges Mal im Leben erledigen, wenn Sie eine optimale körperliche Lebensqualität erreichen wollen: Beschwerdefreiheit, Leistungsfähigkeit, Lebensfreude und somit allgemeines Wohlbefinden. Je früher Sie diesen Job erledigen, desto mehr haben Sie von Ihrem Leben. Anschließend kommt es nur noch darauf an, dass Sie Ihren Muskelstatus, Ihre Leistungsfähigkeit erhalten: älter werden, aber nicht schwächer werden. Diese Phase nennen wir die Erhaltungsphase.

Die Erhaltungsphase

Das Ziel in dieser Phase ist, die aufgebaute Leistungsfähigkeit, den antrainierten Muskelstatus, zu erhalten bis ins hohe Alter. Bis zu welchem Alter dies gelingt, hängt nicht von Ihren Muskeln ab, sondern von Ihrem Willen zu trainieren. Das Training in der Erhaltungsphase ist angenehm bei einem geringen Zeitaufwand.
Sie frieren Ihren Trainingswiderstand ein. Dies bedeutet, dass Sie das Trainingsgewicht nicht mehr steigern. Die anstrengende Zeit der Aufbauphase ist vorbei. Sie frieren auch Ihre Wiederholungszahl ein. Solange Sie mit gleichem Gewicht und gleicher Wiederholungszahl trainieren, bleibt Ihr Muskel so, wie er ist. Dies ist unabhängig davon, wie alt Sie dabei werden. Die notwendige Häufigkeit eines Trainings beträgt einmal pro Woche.
Betrachten Sie dazu die nebenstehende Abbildung. Es ist nicht überflüssig, darauf hinzuweisen, dass die Investition in eine Aufbauphase ohne anschließendes Erhaltungstraining wenig Sinn macht.
Viele Menschen führen ein Krafttraining nur temporär durch, verlieren dann die Lust und begründen dies mit Zeitmangel. Warum haben sie dann überhaupt in eine Aufbauphase investiert?
Wahrscheinlich haben sie den gesundheitlichen Nutzen des Krafttrainings nicht begriffen. Die Altersschwäche mit all ihren Befindlichkeitsstörungen, eingeschränkter Lebensqualität und im Extremfall sogar Hilfsbedürftigkeit kann doch nicht ein wünschenswerter Lebensabend sein. Bequemlichkeit wird aber konsequent in diesen bitteren Zustand führen. Wir alle müssen uns um unseren Lebensmotor Muskulatur kümmern, wenn wir ein aktives und lebensfrohes Alter erleben wollen.
Wie schnell ein Muskel abbauen kann, erfahren Sie im Kapitel: Muskelschwund.

Übertraining

Übertraining liegt vor, wenn dem Muskel die notwendige Zeit für die Erholung und für die nachfolgende Superkompensation, den eigentlichen Kraftzuwachs, nicht gegeben wird. Einfacher gesagt: es wird zu oft trainiert.
Das Motto "viel hilft viel" stimmt nicht für die Häufigkeit eines Krafttrainings. Es stimmt nur für die Erschöpfung des Muskels, also für die Trainingsintensität.
Aus den Kapiteln:

Kraftzuwachs nach der Erholung und Muskelkater

ergibt sich das Verständnis für das Übertraining. Bei Bedarf bitte nachlesen. Durch Übertraining kommt es zu einem Leistungsverlust des Muskels (Kraftabbau und Abbau von Muskelmasse). Wie beschrieben, ist ein Muskel nach dem Ende des ersten Trainings zunächst schwächer. Seine Energiedepots sind leer. Aktives Muskelgewebe wurde verschlissen. Wird das 2. Training ausgeführt, bevor die Erholungsphase abgeschlossen ist, trifft der 2. Trainingsreiz einen noch geschwächten Muskel und schwächt ihn zusätzlich durch weiteren Verschleiß von aktivem Muskelgewebe. Logischerweise nimmt die Muskelmasse ab und damit auch die Kraft. Deswegen muss mit dem 2. Training zunächst solange gewartet werden, bis der Gipfelpunkt der Superkompensation erreicht ist. Die notwendige Pause ist individuell unterschiedlich und beträgt zwischen 2 - 4 Tagen. Wenn Sie feststellen, dass Sie Ihre Gewichte nicht mehr steigern können oder gar ein Leistungsverlust eintritt, müssen Sie Ihre Trainingspausen verlängern. Betrachten Sie bitte die nebenstehende Abbildung zum Übertraining.