Während des Wachstums des Kindes im Mutterleib werden die Knochen zunächst knorpelig angelegt. Die Kalkeinlagerung folgt als zweiter Schritt.
Hängt das Knochenwachstum beim Kind von der muskulären Beanspruchung ab?
Erbanlage und Aktivität
Nach der Geburt werden das Knochenwachstum und die Mineralisation der Knochen (Kalkeinlagerung) von 2 Faktoren beeinflusst:
- Erbanlage (genetisch gesteuertes Wachstum)
- Muskulatur
Die Muskulatur wiederum wird ebenfalls von 2 Faktoren beeinflusst:
- Erbanlage
- körperliche Belastung / Aktivität
Die Erbanlage ist nicht beeinflussbar. Sie bestimmt im Wesentlichen die mögliche Muskelmasse. Körperlich sehr aktive Kinder können eine geringe Muskelmasse entwickeln, weniger aktive können eine große Muskelmasse entwickeln. Der häufigste Fall ist natürlich, dass körperlich sehr aktive Kinder mehr Muskeln entwickeln als inaktive.
Wichtig ist:
Die körperliche Belastung / Aktivität entscheidet darüber, ob das genetische Potential ausgeschöpft wird oder nicht. Dies gilt sowohl für das Wachstum der Knochen als auch für die Muskelmasse und somit ihre Kraft.
Knochenwachstum und Belastung beim Kind:
1 Ohne Belastung bleibt das Wachstum der Knochen zurück.
Beispiel: Ein 3-jähriges Mädchen erkankt an Kinderlähmung (Poliomyelitis). Befallen ist die Becken-Bein-Muskulatur links. Durch fehlenden Muskelzug wird das Knochenwachstum der linken Beckenhälfte und des linken Beines nicht stimuliert.
Die nebenstehnde Abbildung zeigt das Röntgenbild (Becken und Hüft nahe Oberschenkel) der inzwischen 25-jährigen Frau.
Die Beckenhälfte, Hüftgelenk und Oberschenkel der linken Seite sind "unterentwickelt", kleiner ausgebildet und haben einen geringeren Gehalt an Kalzium. Deswegen erscheinen Sie im Röntgenbild "dunkler".
Die rechte Beckenhälfte, Hüftgelenk und Oberschenkel haben sich durch normalen Muskelzug normal entwickelt.
Bedenken Sie: beide Seiten unterliegen dem gleichen genetischen Einfluss und der gleichen Versorgung mit Hormonen, Kalzium und Vitamin D3.
Das zurückgebliebene Knochenwachstum links ist alleinige Folge des fehlenden Muskelzuges.
2 Bei hohen Belastungen wächst der Knochen verstärkt.
Beispiel: das Kind spielt Tennis. Spielarm ist der rechte Arm.
Der rechte Arm wächst mehr in die Länge, die Knochen werden dicker und lagern mehr Calcium ein. Die Muskeln des rechten Armes werden kräftiger. Der linke Arm bleibt in allen Eigenschaften zurück. Beide Arme unterliegen selbstverständlich dem gleichen genetischen Einfluss.
PS: Zur Krafteinwirkung beim Tennisaufschlag: Beim Aufschlag von Profis verläßt der Tennisball den Schläger mit einer Geschwindigkeit von über 200 Stundenkilometern. Die auf den Arm einwirkende Kraft beträgt dabei etwa 1 Tonne.